Verführerisch 
wie ein Cupcake mit Vanillecreme

Von Sascha Hoffmann

Fritzlar – Der Holzboden unter den Füßen knarzt, sobald ein Titel erklingt, der das Mitwippen überhaupt lohnenswert macht. Es ist eine nette Abwechslung, denn viele dieser Uptempo-Momente gibt es am Montagabend beim Konzert des kanadischen Frauendoppels „Madison Violet“ nicht. Weiter weg von gähnender Langeweile könnte man hier dennoch nicht sein, denn wenn Brenley MacEachern und Lisa MacIsaac ihre Herzschmerzharmonien ins alte Gebälk der schönen Kulturscheune schicken, fühlt man sich von der ersten bis zur letzten Sekunde einfach nur wohl.
Ihr zweistimmiger Gesang geht unter die Haut und von da ganz tief ins Herz. 

Seufzer reiht sich an Seufzer im Publikum, das sich nur zu gern umarmen lässt von den mitten aus dem Leben erzählten Geschichten, die sich lässig in den wohligen Klangmix aus Akustikgitarre, Geige und Harmonica kuscheln. Ein Hauch Country, eine gute Portion Folk, Singer/Songwriter-Pop und – ganz wichtig – jede Menge Seele. „Madison Violet“ serviert Musik, die so verführerisch daherkommt wie ein Cupcake mit doppelter Portion Vanillecreme und einer extra großen Himbeere als Topping. Die muss nicht mal wirklich süß sein, bittersüß vielleicht, wie bei einem der emotionalsten Momente des Abends, als MacIsaac von ihrer Freundin erzählt, deren Name seit der Pandemie „Ex“ lautet. 

Ihr Schmerz ist regelrecht zu fühlen, wenn sie in „Not Allowed To Love You“ fragt, warum sie ihr „Girlfriend“ plötzlich nicht mehr lieben dürfe. Der Titel, wie auch viele andere, platzt förmlich vor Leidenschaft, und genau das ist es, was den letzten Auftritt der über 20 Stationen umfassenden Deutschlandtournee ausmacht.

„Hat denn hier niemand Liebesummer“, fragt Maclsaac ihr selig lächelndes Publikum und stellt fest: „Wir haben tatsächlich überdurchschnittlich viele traurige Lieder geschrieben“. Das haben sie tatsächlich, glücklicherweise aber ganz, ohne sich dabei in Klischees und Gefühlsduseleien zu verlieren. Die „Madison Violets“ sind einfach authentisch, Zuneigung und Karriere gehen bei den beiden Künstlerinnen Hand in Hand, auch wenn ihre Zeit als Liebespaar viele Jahre zurückliegt. Ihre heutige Freundschaft ist das Geheimnis ihrer Musik, und die nimmt während der gut zwei Stunden in „beautiful Fritzlar“ einfach jeden gefangen, der sich ihr öffnet. Auch dann, wenn das Tempo zwischendurch mal kurz ansteigt und der Holzboden unter den wippenden Fanfüßen zu knarzen beginnt – hoffentlich bald wieder.

 

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